[update] Aachen: Die Sitzung des 22

Die Sitzung des 22. Mai begann mit der nochmaligen Behandlung des Themas
der Reise von einer der Angeklagten mit Blablacar durch Frankreich. Die
französische Zeugin hat einen Brief geschrieben, in dem sie mitteilt,
dass sie nicht als Zeugin erscheinen wird, sie jedoch die Angeklagten
auf einem Foto erkennen würde.
An diesem Punkt meinte der Richter, dass er keine weiteren Zeugen oder
Beweise akzeptieren würde.
Deshalb wurde daraufhin mit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft
begonnen, welches sich als sehr lange und vage darstellte. Die Anklage
lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

– Die Staatsanwaltschaft hat das Konzept „in dubio pro reo“ (im Zweifel
für den Angeklagten, welches das Argument gewesen war, das der Richter
im Fall der Kameradin aus den Niederlanden angewendet hatte) genommen,
um es umzudrehen und zu argumentieren, dass es viele Beweise gebe, die
aufzeigen, dass die Angeklagten am Überfall teilgenommen haben.
– Die DNA-Proben, die im Inneren der Bank (Schraubenzieher) und in einer
Tasche außerhalb der Bank (Kleidung, Perücke und Brillen) genommen
wurden, belegen, dass die Angeklagten am Überfall teilgenommen hatten,
obwohl es sich nicht beweisen lässt, dass sie zu einem anderen Zeitpunkt
in Aachen gewesen waren. Ein weiteres Argument (um zu erklären warum die
Räuber bei einem dermaßen professionellen Überfall Spuren von DNA
hinterlassen hatten) ist, dass die Angeklagten sich bewusst waren, dass
ihre DNA in keiner Datenbank vorkam und sie es sich deshalb erlauben
konnten, sie dort zu hinterlassen, um sich so schnell wie möglich der
Werkzeuge und der Kleidung zu entledigen.
– Die Zugehörigkeit zur Bewegung der extremen Linken oder
anarchistischen Bewegung der Angeklagten, die internationalen
Verbindungen zu anderen Bewegungen und die Verbindung mit dem Umfeld der
niederländischen Kameradin.
– Das Wiedererkennen einer Zeugin (Angestellte der Bank) von einer der
Angeklagten auf einem Foto in einer Lokalzeitung. Außerdem wurde als
erschwerend angesehen: Die psychologischen Folgeerscheinungen aller
Angestellten, da die Räuber wussten, dass es sich um 18 Arbeiter
innerhalb der Bank handelte. Die Vorstrafen von einer der Angeklagten
(Versuchter Diebstahl mit Gewaltanwendung) und im Fall der Frau, dass
sie von den Zeugen als Kopf der Gruppe dargestellt wurde.

Deshalb wurden 9 Jahre für den Kameraden und 8,5 Jahre für die Kameradin
verlangt.

Danach hielten die zwei Anwältinnen der Kameradin ihre Plädoyers:

– Die Anwesenheit der DNA in der Tasche lässt sich auch anderwärtig
erklären. Außerdem gab die Expertin an, dass sich nicht bestimmen lässt,
wie lange sich eine Spur bereits auf einem Gegenstand befindet, und dass
sie zwischen Gegenständen übertragen werden kann.
– Die Zugehörigkeit zum anarchistischen Milieu belegt nicht, dass sie am
Überfall teilgenommen haben, sie kennen beispielsweise viele Leute, die
mit der Aktion sympathisieren, jedoch niemals eine Bank überfallen
haben.
– Einige Zeugen haben ausgesagt, dass sie keine Frau bei dem Überfall
gesehen hätten, während ein anderer angab zwei gesehen zu haben, wodurch
man nicht belegen kann, dass die Angeklagte der Kopf der Bande  gewesen
sei.
– In Bezug auf das biometrische Gutachten, konnte keine der zwei
Angeklagten identifiziert werden.

Deshalb verlange sie die Freiheit ihrer Klientin.

Auch einer der Anwälte des beschuldigten Kameraden hielt sein Plädoyer:

– Er legte Nachdruck auf die illegale Abnahme der DNA (ohne Genehmigung
eines Richters). Und darauf, dass die DNA des Schraubenziehers sich auf
viele Art erklären lässt (einer der beweglichsten Gegenstände, die es
gibt).
– Außerdem habe die Staatsanwaltschaft in Bezug auf die politische Frage
gelogen (vor allem bei allem, was mit den Ermittlungen der Mossos
d’Esquadra, GAC, dem Urteil im Fall von Pilar, etc. zu tun hat).
– Der Angeklagte hat Familie in Frankreich, die er häufig besucht und,
dass dies nicht beweist, dass er sich an einem der Tage in Aachen
befunden hatte.

Auch er verlangte die Freilassung seines Klienten.

Die nächste Sitzung wird am 31. Mai stattfinden, bei der auch der zweite
Anwalt des Kameraden sein Plädoyer halten wird. Wahrscheinlich wird es
am nächsten Verhandlungstag, dem 7. Juni, zu einer Urteilsverkündung
kommen.